Der Winter steht vor der Tür, keine Frage: Der Blick aus dem Fenster zeigt weiße Flocken, der Garten ist weiß überzuckert. Kein Motorradwetter, man braucht eher einen warmen Mantel, lateinisch cappa, Deminutiv capella. Was wiederum ursprünglich jenen Ort in Paris bezeichnete, an dem die berühmte Mantelhälfte des heiligen Martins (dessen Ehrentag ja erst zwei Wochen zurückliegt) als Reliquie aufbewahrt wurde, heute als “Kapelle” für kleine Andachtsräume steht. Eine gute Gelegenheit für eine kurze Würdigung dieser kirchenbaulichen Kleinode.
Während mich die großen, berühmten Sakralbauten – von Petersdom über Notre Dame bis zum Kölner Dom – jenseits des Respekts für die architektonische Leistung emotional eher kalt lassen, haben mich kleine Kapellen am Wegesrand schon immer fasziniert – und nur selten fahre ich einfach vorbei. Vielmehr sind die Miniatur-Kirchen selbst für einen Agnostiker wie mich immer eine willkommene Gelegenheit, dem Motorrad und mir einen Moment der Ruhe und Besinnung zu gönnen – und sich so, wie durch einen Mantel, innerlich aufzuwärmen.