Bei meiner heutigen Motorradtour fuhr ich an merkwürdig geschmückten Häusern vorbei: Spinnennetze, Totenköpfe, allerlei Gruselfiguren: Ach ja, statt Reformationstag feiern wir ja seit einigen Jahren auch hierzulande das gruselige Halloween, das einst von irischen Einwanderern in die USA exportiert wurde und von dort irgendwann als überdrehte Horrorshow den Weg zu uns fand. Horrorshow und Motorrad? Da entsteht bei mir (und sicher vielen anderen aus meiner Generation) sofort eine Szene im Kopf: Die schwere Metalltür einer mit “Deep Freeze” beschrifteten Kühlkammer öffnet sich ächzend und ein kräftiger Kerl mit Lederweste und einem Saxofon auf dem Rücken bricht auf einer Harley Davidson durch einen Eispanzer: Meat Loaf in seiner unvergessenen Rolle als Eddie in der Rocky Horror Picture Show!
Marvin Lee Aday, so der Geburtsname von Meat Loaf, spielte die Rolle des Ex-Liebhabers von Frank N. Furter schon 1974 auf einer Musicalbühne in West Hollywood, und dann eben auch in der legendären Verfilmung von 1975 mit Tim Curry in der Hauptrolle. Seinen musikalischen Durchbruch hatte er dann zwei Jahre später mit dem Album “Bat out of Hell” – das Cover zierte ein aus einem Grab springendes Motorrad.
Im Titelsong heißt es:
“I′m gonna hit the highway like a battering ram
On a silver black Phantom bike
Oh, when the metal is hot and the engine is hungry”.
Auch spätere Plattencover von Meat Loaf zeigten Motorräder, sie spielten auch in vielen seiner Songs eine Rolle. In einem Nachruf im Tagespiegel schrieb Nadine Lange, dass kaum ein anderer Sänger das Rock’n’Roll-Klischee von schnellen Motorrädern so stark strapaziert hat, wie Meat Loaf. Wobei die Rock’n’Roll-Legende aber kurioserweise selbst jenseits der Szene in der Rocky Horror Picture Show gar nicht Motorrad fuhr. Es heißt aber, dass er eines besessen habe, das er regelmäßig vor die Garage schob um darauf zu sitzen und sich dabei frei wie ein Vogel zu fühlen.
Mit dem Halloween-Zirkus kann ich, offen gestanden, nicht wirklich etwas anfangen. Aber ich bin den Hausbesitzern, die ihre Vorgärten dieser Tage in Horrorkabinette verwandelt haben, doch dankbar für die Meat Loaf-Assoziation, die sie mir damit unverhofft geschenkt haben. Zuhause habe ich mir gleich noch einmal die Eddie-Szene angeschaut und anschließend “Bat out of Hell” angehört. Wobei mir erstmals auffiel, dass man den Liedtext durchaus auch als Mahnung an uns Motorradfahrer verstehen könnte: Nicht zu schnell zu fahren, um nicht von einer plötzlichen Kurve überrascht zu werden:
“And I never see the sudden curve ′til it’s way too late
Then I′m dying at the bottom of a pit in the blazing sun
Torn and twisted at the foot of a burning bike
And I think somebody somewhere must be tolling a bell
And the last thing I see is my heart still beating
Breaking out of my body and flying away
Like a bat out of hell ”
In diesem Sinne wünsche ich Euch noch schöne Herbsttouren, die hoffentlich nicht zum Horrortrip werden…