Es zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe und ist wohl eines der bedeutendsten touristischen Ziele Deutschlands: Das Mittelrheintal. Zu seiner Bekanntheit hat übrigens einst ein Kasseler Professorenkollege maßgeblich beigetragen: Georg Forster, von 1778 bis 1784 Professor an einer früheren Kasseler Universität, dem Collegium Carolinum, begleitete Alexander von Humboldt 1790 auf dessen zweiter Reise an den Rhein. Die Reiseberichte der beiden berühmten Naturforscher verschafften der Region somit Ende des 18. Jahrhunderts erstmals größere Aufmerksamkeit, die dann ihren Höhepunkt in der deutschen Romantik erlebte – „Rheinromantik“ wurde schließlich zum eigenen Begriff. „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“ (wer kennt nicht diese ersten Worte aus Heinrich Heines Gedicht „Die Lore-Ley“), aber mir ging es an diesen ersten Februartagen eher um Kraftradromantik und darum, die vorfrühlingshafte Wetterlage zu nutzen. Kurvige Straßen und Sträßchen führten mich deshalb durch Sauerland und Westerwald zunächst bis ins Lahntal, und in Bad Ems konnte ich den Cappuccino in der Sonne sitzend bei zweistelligen Temperaturen draußen genießen.
Vom Rheintal trennte mich dann nur noch der westliche Hintertaunus, der hier sogar „Mittelrheintaunus“ heißt, wie mich das Internet lehrt. Da ich, dieses moderne Medium auch dafür nutzend, das Hotel schon während der Pause am Lahnufer gebucht hatte, war noch etwas Zeit, um diesen Teil des Taunus kreuz und quer mäandernd noch etwas intensiver unter die Räder zu nehmen. Zur Rast mit Aussicht lud die Burg Sterrenberg. Nachdem die Sonne hinter den Höhen des Hunsrück auf der gegenüberliegenden Rheinseite verschwunden war, lenkte ich das Motorrad hinunter nach Kamp-Bornhofen und am Rheinufer weiter nach Kestert, wo ich mein Haupt für diese Nacht zur Ruhe bettete – allerdings nicht, ohne vorher noch ausgiebig vom Hotelzimmer aus auf den großen Strom geblickt und den zahlreichen Schiffen auf ihrem Weg Richtung Nordsee oder Richtung Schweiz zugeschaut zu haben. Sehr kontemplativ, wenn nicht gar romantisch.
Am nächsten Morgen folgte ich Vater Rhein an seinem Bett noch bis Lorch, dann bog ich ab ins schöne und kurvige Wispertal. Hierhin hatte sich die Sonne noch nicht verirrt, und das Bordthermometer zeigte kühle 1,5 Grad. Dazu noch Restfeuchte auf der Straße, da war eher Landschaftsgenuss statt Schräglagenexzess angesagt. Etwas später auf dem Großen Feldberg schien dann zwar die Sonne, aber dank eines heftig wehenden Windes war es auch nicht viel wärmer. Den fälligen Cappuccino nahm ich daher in der beheizten „Stubb“ des Feldberghauses. Weiter durch den Taunus, vorbei am imposant-romantischen Schloß von Braunfels ging es dann bei stetig steigenden Temperaturen und zunehmend trockenen Straßen über Marburg in den Kellerwald. Womit – jedenfalls mit etwas Phantasie – der Bogen zurück zur Loreley geschlagen werden kann: Es wird ja vermutet, dass die Figur der ihr goldenes Haar kämmenden Jungfrau am Rheinufer inspiriert war von der „Gänsemagd“, einem von Grimms Märchen. Und hier im Kellerwald lebte ja eine andere berühmte grimm´sche Frauenfigur mit ihren sieben Zwergen: Schneewittchen, der in Bergfreiheit ein Denkmal gesetzt wurde. Solch verschlungenen Gedanken nachhängend erreichte ich schon bald wieder die heimische Garage. Wie romantisch doch zwei Wintertage sein können, wenn der Winter eher als Vorfrühling daher kommt!
Sehr schön
Vielen Dank!
Herrlicher Reisebericht. Vielen Dank fürs mitnehmen
Gruß
der Indianer
Harald, auch an Dich ein großes Dankeschön!
Sehr schöner Bericht! Danke für‘s Entführen an einem grauen und feuchten Vorfrühlings-Sonntag 👍🏻
Vielen Dank! Und ja, auch hier ist es grau und nass. Trost und Hoffnung wecken beim Blick in den Garten aber die blühenden Schneeglöckchen und Winterlinge!
Top 👍
So ein oder zwei Bilder mehr wäre noch schöner. 😉
Danke Matthias! Mir war tatsächlich mehr nach fahren als nach fotografieren…;-)